China hat sich seit 1949 an zahlreichen erfolgreichen und nicht so erfolgreichen korporatistischen Experimenten versucht. Wenngleich der Grad der staatlichen Beteiligung jeweils unterschiedlich ausfiel, haben diese Phasen etwas gemeinsam, nämlich einen „staatskorporatistischen“ (top-down) Ansatz sowie – in der gegenwärtigen Ära – im Schneckentempo erfolgende Bemühungen zum Aufbau eines „gesellschaftlichen Korporatismus“ (bottom-up). Im gleichen Zeitraum erleben wir auch eine Verschiebung von einem zentral gesteuerten korporatistischen Staat hin zu einem Staat, in dem die Landes- und Gemeindeebene (local state) einen größeren Spielraum hat, korporatistische Techniken umzusetzen – indem sie die Bildung von Unternehmens- und Berufsverbänden auf lokaler Ebene zulässt und ihnen einen Raum für lokale, staatlich gelenkte Verhandlungen bietet. Während China nun in sein nächstes Jahrzehnt eintritt, ist eine Betrachtung des chinesischen Korporatismus in zweierlei Hinsicht nützlich. Erstens neigen ausländische Unternehmen und Regierungen, die sich in China engagieren, insbesondere wenn sie aus pluralistisch-kompetitiven Gesellschaften stammen, dazu, die Verflechtung von Unternehmen, Organisationen und dem Staat falsch zu verstehen. Sie gehen fälschlicherweise davon aus, dass staatliche Lenkung gleichbedeutend ist mit Korruption. Ein nuancierteres Verständnis des chinesischen Korporatismus führt jedoch zu einem wichtigen zweiten Punkt – dass einige Lehren, die aus den chinesischen Experimenten mit dem Korporatismus gezogen wurden, und zwar genau in der Zeit des chinesischen Aufstiegs zur wirtschaftlichen Supermacht, für ausländische Entscheidungsträger, die über Wege zu einem stabileren öffentlichen Leben nachdenken, von Nutzen sein können.